Zum Meer, zu mir und weiter …

Dies ist ein Gastartikel für den Blog www.meingeliebteskind.com von Katharina Walter zum Thema Globetrotting Vibes, den wir unseren Lesern nicht vorenthalten möchten.

Die Sonne scheint, das Meer rauscht und ich liege in den Dünen und lese. Mittwoch, der 8. März; der Internationale Frauentag, Weltfrauentag, Frauenkampftag oder einfach Frauentag und ich, Mutter von drei Söhnen, liege am schönsten Strand, den ich bisher gesehen habe. Nein, es gibt auch andere Strände, die mindestens genauso schön sind. Was diesen Ort für mich besonders macht sind die Erlebnisse; ein Ort, der Augenblicke voll Verbundenheit und Harmonie mit Allem was uns umgibt, entstehen läßt.
Wir stehen hier mit unserer Feuerwehr und einem kleinen Wohnwagen aus den 80er Jahren direkt hinter den Dünen. Das Meeresrauschen und der Duft des Wassers verzaubern uns. Wir scheinen hier angekommen zu sein. Wo? Im Augenblick des Genusses, des Seins, des puren Seins. Unsere Söhne spielen den ganzen Tag am Strand und in den Dünen. Der kleine Spielplatz am Strand ist Bestandteil der allmorgendlichen Runde unseres jüngsten Sohnes. Nach dem Stillen krabbelt er mit seinen 18 Monaten, aus dem Wohnwagen, winkt und geht durch die Düne. Von weitem hören wir ein »Allola« – eine Mischung aus dem spanischen Hola und deutschen Hallo. Die beiden großen sind auch in ihrem Element und wir haben Zeit zum Lesen. Was lese ich … alles was mich wachsen läßt. Ich beschäftige mich mit meinen Abgründen, erkenne Zusammenhänge aus meiner Kindheit und meinem jetzigen Verhalten und habe »Aha«-Erlebnisse.

Januar 1993

Meine erste Begegnung mit Literatur, die mich auf mich aufmerksam macht, machte ich mit 14 Jahren. Auslöser war eine Erbschaft von alten Büchern aus den 30er Jahren über Selbstwert, Selbstbewußtsein und Menschenkenntnis.
Die Psyche des Menschen, seine Seele und alles, was ihn ausmacht, faszinierten mich fortan und ich begann mich zu bewegen.
Einige Jahre später entdeckte ich Iyengar und bin seit dem regelmäßig beim Yoga, dort höre ich »Spüre die weit entlegenen Stellen des Körpers von innen …« und begebe mich auf die Reise durch meinen Körper und Geist. Ich will seit damals an meinen tiefsten Urgrund des Seins, an meine Quelle kommen.

Es ist Dezember 2008, draußen liegt Schnee und es ist schon dunkel. Die Luft ist durchtränkt von Terpentin, das Feuer knistert im Ofen und ich male. Ich male mich täglich, ja jeden Tag das Gleiche und nein, jeden Tag eine andere Frau. Ich versuche den Weg zu meinem Inneren zu finden. Meine Verkehrsmittel sind das Fasten, das Alleinsein – ohne Kontakt zur Aussenwelt und das tägliche auf die Leinwand bringen, was ich nicht in Worte fassen kann. Ich versuche zu verstehen, was in mir ist und es ist jeden Tag neu und anders. Was ist es? Ich kann es nur malen, ich kann es nicht sagen und der, der die Bilder sieht, kann es erahnen, versuchen in Worte zu fassen und trotzdem bleibt es unvollständig.
Die Reise in mein Inneres ist eine Reise der Erkenntnis der wahren Natur meiner Seele und ich kann nur allein reisen.

Meine »Katalysatoren«

Im Oktober 2011 ist unser erster Sohn geboren und seit dem weiß ich, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, um innerlich zu wachsen. Auch bei den anderen zwei Geburten waren es Feste, die mich bis heute mit Freude erfüllen, eine Erfahrung, die ich in meinem Leben sehr schätze. Seit dem nun diese kleinen Wesen um mich herum sind, hat sich so viel in meinem Leben getan, dass ich mich wie eine Schlange fühle, die ihre alte Haut abgestreift hat. Mit dem neuen Leben ist mir eine neue Haut gewachsen. Alles Alte habe ich nun abgestreift, dazu zählen Gewohnheiten, Ansichten, Einstellungen und Freunde. Auch meine Berufung als Malerin hat sich verändert; ich bin nun Künstlerin auf mehreren Ebenen. Wer hätte das vor ein paar Jahren gedacht?

April 2016

Wir sitzen auf dem Bett in der Küche und grübeln und zeichnen und radieren und grübeln. Vor einigen Monaten haben wir uns einen ehemaligen Einsatzleitwagen der Feuerwehr gekauft. Eine ideale Grundlage für ein selbst ausgebautes Wohnmobil. Genau auf unsere Bedürfnisse ausgelegt: geringer Kilometerstand, Standheizung, genug Platz für ein Familienbett, 6 Sitzplätze um einen Tisch und Solarflächen auf dem Dach, die ein autarkes Leben ermöglichen.
Auf kleinstem Raum soll alles optimal genutzt sein, ganz im Gegensatz zu unserer Wohnung, in der es viele Freiflächen gibt.
Diese Optimierung benötigt genaue Überlegung und Abwägung im Vorfeld. Martin beschäftigt sich nun auch mit Autoelektronik; ein ganz neues Terrain, auf das er sich ohne das Auto vermutlich nicht gewagt hätte. Endlich haben wir eine Lösung. Für diesen Abend können wir beruhigt schlafen gehen. Am nächsten Morgen liegt der Tatendrang schon in der Luft. Unsere älteren Söhne gehen gleich nach dem Frühstück in den Flur, um sich anzuziehen. »Komm Papa! Wir wollen weiter bauen«. Auch unser Erstgeborener kann sich für die Elektrik begeistern und hat inzwischen einen ganzen Rucksack voll Kabel, Autosicherungen uvm. Die drei Männer gehen also in die kühle Frühlingsluft und jeder hat sein Tun. Sie lernen bei der Arbeit. Ich bin mit unserem Jüngsten und den Dingen des Alltags beschäftigt und überlege dabei, wie was schön aussehen könnte und was wir davon in der Feuerwehr umsetzen können. Abends sitzen Martin und ich dann wieder auf dem Bett in der Küche und recherchieren und überlegen, was möglich ist und zu uns passt.

Unsere Reise begann dann am 08. Januar 2017. Wir wollten, so wie in jedem Winter, in die Sonne. Raus aus aus der Dunkelheit und der Tristesse, rein in die Lebensfreude und Ausgelassenheit. Das verbinden wir alle mit Natur, Wärme und Sonne. Es zog uns also wieder in den Süden. Wir fuhren und fuhren und hielten auch hier und da an, doch erst in der Algarve sprangen wir morgens aus dem Wagen und freuten uns des Lebens. Der Duft von Eukalyptus und Rosmarin lag in der Luft, die Sonne schien und die Vögel zwitscherten – beste Voraussetzungen zum Ankommen. Wir blieben und genossen, nur der Regen trieb uns weiter. So kamen wir dann an »unseren« Strand nach Spanien. Südlich von Cadiz. Das Meer und einfach die Energie dort beeindruckt mich noch aus der Erinnerung heraus.
An diesem Ort wachse ich, das spüre ich. Auch Martin geht es so. Und ich weiß, dass ich dafür meinen Söhnen danken kann. Zum Einen wäre ich ohne sie nicht hier, hätte wahrscheinlich andere Orte besucht und wäre noch eine ganz andere Frau. Zum Anderen erinnern sie mich täglich daran, dass es auch im Inneren etwas zu tun gibt. Es ist eine Reise von Abenteuer und Entdecken; eine Reise des Reifens, von Wahrheit und Authentizität; eine Reise von Liebe, Hingabe, Leidenschaft, und Einheit; eine Reise von Mitgefühl, Geben und Dienen. Ja, ich bezeichne unsere Söhne als »Katalysatoren«, denn sie beschleunigen den Prozess. Und ich behaupte, dass man zwar ohne Kinder auch in sein Inneres reisen kann, doch mit ihnen geht es viel schneller voran und auch das Reisen im Aussen trägt dazu bei. Ich verspüre einen Drang nach Reifung, den ich alleine nur zeitweise und in abgeschwächter Form kenne.
Als die Wettervorhersage hier mehrere Tage Regen prognostiziert, entscheiden wir uns für eine Abreise. Wir weinen, schreiben alles, was unsere alte Haut ausmacht auf ein Stück Papier und falten Boote daraus. Diese setzen wir ins Meer, sind sehr bewegt und uns ganz nah. Es ist so wunderschön hier und keiner mag weg, doch wir wissen, dass es weiter geht und »panta rei« – alles fließt. Das Leben kennt keinen Stillstand.

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Eine Antwort

  1. Margitta sagt:

    Wie schön, daß ich Euch vor dem blog gestern schon hautnah in Auerstedt treffen konnte – und nicht nur wegen des Krauthobels. Es verstärkte sich meine Sehnsucht danach, mit Menschen gemeinsam zu wachsen . Liebes Leben DANKE für unser Sein jetzt auf unserem Erdenrund.

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